Dienstag, 27. Oktober 2009

Über die Täuschungen

Wer Gott liebt, muß wachsam sein. Wenn du dich deiner Gebetsübung hingegeben hast und du siehst ein Licht oder einen Feuerschein in dir oder außerhalb, selbst ein Bild Christi, der Engel und der Heiligen, kümmere dich nicht darum. Du läufst sonst Gefahr, Schaden zu nehmen. Verbiete deinem Geist, sich damit weiter zu beschäftigen. Alle diese Bilder wollen deiner Seele schaden. Die echte Wirkung des Gebetes ist die Glut des Gemütes, die alle leidenschaftlichen Reize verbrennt, der Seele Freude und Fröhlichkeit bringt, das Gemüt durch sichere Liebe und das Gefühl von einem unzweifelhaften Seelenreichtum stärkt.


Alle sinnlichen und geistigen Eindrücke, die nicht von Gott kommen, bringen dem Gemüt Zweifel und Bedenken, weil sie vom Bösen Feind erregt wurden. Das ist die Auffassung der Väter. Wenn dein Geist nach außen oder zum Himmel durch irgendwelche unsichtbare Kräfte gezogen wird, dann laß dich nicht ziehen, sondern zwinge dich sofort zu einer Übung. Göttliche Einsprechungen kommen ohne solche Begleiterscheinungen, und du kennst nicht ihre Stunde, sagt Isaak. Der innere und natürliche Feind der Verwirrungen verwandelt nach Belieben die einen geistigen Bilder in die anderen und läßt die einen für die anderen vorüberziehen. Unter dem Schein des Eifers bringt er sein Irrlicht, um die Seele irrezuführen. Statt Freude erregt er sinnliche Lust und schlüpfriges Vergnügen mit seinem Anhang von Selbstdünkel und Verblendung. Er verbirgt sich schlau den unerfahrenen Novizen, und er läßt sie sein trügerisches Spiel für Wirkungen der Gnade halten. Doch Zeit, Erfahrung und geistliches Gespür bewirken eine Kraft, ihn zu entlarven und um die zu belehren, die wegen seiner allzu großen Gerissenheit ihn nicht durchschauen.


Die Heilige Schrift sagt: «Der Mund unterscheidet die Speisen» (Ijob 34,3). Achtet darauf, daß euer geistlicher Geschmack unfehlbar all diese Erscheinungen unterscheidet.


Bist du körperlich beschäftigt, sagt Johannes von der Leiter, so sei dir deine Arbeit ein Buch, und diese Lektüre befreit dich von allem anderen. Greife aber auch immer wieder zu den Schriften, die über das Leben der Gottversenkten und das Gebet handeln. In der Zeit deiner Lektüre schließe alles andere aus. Nicht etwa, weil du es verachtest, sondern weil es nicht dem Ziel entspricht, das du augenblicklich verfolgst, nämlich deine Lektüre. Dein Geist wird dadurch stark, und er gewinnt neue Kräfte zum inneren Gebet. Jede andere Lesung wird deinen Geist verdunkeln, erschlaffen, trüben, dein Verstand wird krank werden, und die Begeisterung zum Gebet geht verloren.Wir müssen noch die Beschwernisse unserer Betätigung klar auseinandersetzen und wie man an diese Tätigkeit herangeht. Jeder, der uns gehört hat und sich nach dem Gehörten seinen Übungen widmet, aber keinen Erfolg sieht, könnte uns tadeln, daß wir weder uns selber noch den anderen die Dinge so gesagt haben, wie sie wirklich sind.Die Arbeit des Gemütes und die Bemühungen des Körpers bauen zusammen die echte geistliche Seelen burg. Sie offenbaren die Tätigkeit des Heiligen Geistes, der dir und jedem anderen Christen in der hl. Taufe geschenkt wurde. Die Vernachlässigung der Gebote hat sie durch die Leidenschaften dem Blick entzogen. Die Buße in Verbindung mit der unaussprechlichen Barmherzigkeit Gottes muß sie wieder dem geistigen Auge zeigen. Der Aufbau der geistlichen Seelen burg kann nicht vollendet werden ohne die Mühe des Erbauers· , denn es heißt: «Das Reich Gottes erleidet Gewalt» (Mt II,I2).


Diese Gewalt ist die dauernde Selbstüberwindung des Körpers. Die in Nachlässigkeit und Lauheit leben, haben vielleicht den Eindruck, daß sie viel Unbequemes ertragen; aber sie spüren keine Frucht, weil sie im Tiefsten ihrer selbst nicht ergriffen werden. Zeuge dafür ist das Wort: «Wenn wir uns unerer Werke noch so hoch rühmen und es fehlt uns die Zerknirschung des Herzens, dann bleiben wir unwahr und bauen Luftschlösser»


(Johannes von der Leiter).







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